Eine Ode an den Pilz

«Tatort» Sertig-Tal im Bündnerland. Vor mir liegt auf dem Teller ein schönes Pilzpastetli aus «heimischen Wäldern», steht in der Karte. Ein kurzer prüfender Blick entdeckt einige verschiedene Pilzarten. Lecker. Einmal mehr kommt der Gedanke zum Pilzesammeln auf. Neben einem Grundwissen und der notwendigen Ausrüstung braucht es trotzdem eine (Nach-)Kontrolle, ob sich im Sammelkorb kein Giftpilz befindet. Dafür gibt es während der Saison eine Pilzkontrolle vor Ort.

Pilzkontrolleur Franz Forster (links) wirft seinen geübten Blick auf die Rotfussröhrlinge, die Fritz Beyeler aus Bettlach im Wald gefunden hat. Foto: Joseph Weibel
Pilzkontrolleur Franz Forster (links) wirft seinen geübten Blick auf die Rotfussröhrlinge, die Fritz Beyeler aus Bettlach im Wald gefunden hat. Foto: Joseph Weibel

Seit über zehn Jahren ist die Grenchner Pilzkontrollstelle an der Tunnelstrasse 29 (Vollenweider-Areal) stationiert. Täglich ist sie von 18 bis 19 Uhr geöffnet. Drei Kontrolleure teilen sich während der Saison von Anfang September bis Ende Oktober die Arbeit.

Es ist Donnerstag, punkt 18 Uhr, als Fritz Beyeler aus Bettlach ins Lokal eintritt und dem Kontrolleur Franz Forster seine «Tagesernte» präsentiert. Es sind vornehmlich Rotfussröhrlinge. Forster schaut die Pilze sorgfältig an, greift sie mit den Fingern und gibt einen entsprechenden Kommentar ab und auch Ratschläge. Die Pilze sind alle gut und geniessbar. In diesem Jahr kommen viele Stammkunden, sagt Franz Forster. Das Pilzaufkommen sei eher bescheiden, deshalb gingen vor allem die passionierten Pilzesammler auf die Suche. «In ertragsreichen Pilzjahren erweitert sich auch unser ‹Kundenkreis›», weiss Franz Forster aus langjähriger Erfahrung.

Pilzvorkommen diese Saison eher mager

Seit 34 Jahren stellt sich Franz Forster als amtlicher Pilzkontrolleur zur Verfügung. Rolf Keller und Seleno Campagna sind zwei weitere Kollegen vom Pilzverein Grenchen-Bettlach, die sich während gut zweier Monate bei der Kontrolle abwechseln. Die Kontrollstelle ist in dieser Zeit sieben Tage die Woche geöffnet – jeweils von 18 bis 19 Uhr. Immerhin gibt es rund 5000 verschiedene Pilzarten. Die muss aber auch ein Kontrolleur nicht alle kennen. Viele Pilze gibt es in allen Regionen, andere wiederum nur in wärmeren Gefilden. Diese Saison, die in rund zwei Wochen bereits wieder endet, brachte vor allem Röhrlinge, Semmelstoppelpilze, Schirmlinge und Boviste hervor. «In unserer Region fällt das Pilzvorkommen in diesem Jahr eher mager aus», sagt Franz Forster. Vielleicht war es wegen der Nässe im Sommer, vielleicht auch nicht. «Die wahren Gründe, wieso Pilze besser oder weniger gut gedeihen, weiss man kaum.» Hingegen gesichert ist, dass dem Pilzwuchs Wärme und ab und zu Wasser von oben am zuträglichsten ist. Franz Forster schaut kurz in seinen Prüfordner: «Bis heute (7. Oktober) habe ich 17 Kontrollen gemacht. Normalerweise sind es um diese Zeit doppelt so viele oder mehr.»

Wissenschaft und Hobby

Pilze sind eine Wissenschaft und ein wunderbares Hobby zugleich. Das weiss Franz Forster schon lange. Sein Vater nahm ihn schon früh mit in den Wald und zeigte ihm die Plätze, wo man welche Pilze findet. Der Steinpilz zum Beispiel, liebt Wärme und die Nähe von Rottannen. «Manche Pilze bilden mit Bäumen eine Symbiose», erklärt Forster. Wer wie Franz Forster andern in die Pilzkörbe schauen will, muss ein gutes Wissen über die Pilzkunde haben.

Nach einem Unterbruch («als Jugendlicher interessierten mich ein paar Jahre andere Dinge...») zogen ihn die Pilze wieder an, als er 30 war, und wurde Mitglied beim Pilzverein Grenchen-Bettlach. Nach zwei Jahren meldete er sich für die Ausbildung zum Pilzkontrolleur an. Sie ist recht anspruchsvoll und muss mit einem theoretischen und praktischen Teil erfolgreich abgeschlossen werden. Alle zwei Jahre müssen amtliche Kontrolleure zudem einen Wiederholungskurs absolvieren.

Grosse Verantwortung

«Unsere Arbeit und auch die Verantwortung, die wir tragen, wird manchmal etwas unterschätzt», findet Franz Forster. «Wir haben schon den einen oder anderen Pilzesammler vor dem Spital gerettet.» Nicht nur das. Es gibt bekanntlich Pilzarten, die mehr als nur ein Magengrimmen verursachen. Der Knollenblätterpilz gehört mithin zu den giftigsten – und schon der Genuss von ganz geringen Mengen reichen aus, um daran zu sterben. Der kahle Krempling beispielsweise ist nicht sofort tödlich; sein Gift wirkt auf Raten, weil es im Körper ein Depot bildet und so erst später seine tödliche Wirkung entfaltet. Entdeckt habe man das seinerzeit im mitteleuropäischen Osten, als immer mehr Menschen nach dem mehrmaligen Genuss dieser Pilzart Wochen später vorerst unerklärlich zu Tode kamen.

Aufmerksamkeit und Ruhe

Wenn in den Pilzkörben etwa ein Knollenblätterpilz oder nur Spuren davon gefunden werden, muss die ganze Tagesernte vernichtet werden. «Wir empfehlen deshalb immer wieder, dass unbekannte Pilze immer gesondert gesammelt werden.» Es gibt noch andere Tipps, vor allem für Menschen, die das Pilze- sammeln neu entdecken. Franz Forster spricht von «sauberen Pilzen» und meint damit, dass man sorgsam mit den entdeckten Pilzen umgehen soll. Wer «in die Pilze geht», ist ausgerüstet mit Korb und Messer. «Mit der Zeit wird auch der Blick geschärft für Pilze, die angefault sind oder verwurmt», sagt Franz Forster. Wenn er solche in den Körben entdeckt, entfernt er sie. «Es wäre schade für ein feines Pilzgericht.»

Das Sammeln von Pilzen sei kein Wettbewerb, sondern erfordere die nötige Aufmerksamkeit und vor allem Ruhe – und ein gewisses Fachwissen. Das vermittelt der Pilzverein Grenchen-Bettlach jedes Jahr wieder mit einem Grundkurs. An drei Abenden werde viel Theorie vermittelt. Nach dem Kurs weiss man Bescheid über die wichtigsten Pilzsorten. An einem Sonntagmorgen wird der Kurs mit einer praktischen Einführung im Wald abgeschlossen.

In der letzten Zeit, sagt Franz Forster, sei der Trend fürs Pilzesammeln wieder da. Als er vor 35 Jahren damit wieder begonnen habe, habe dieses Hobby geboomt, flachte dann zunehmend ab. Franz Forster hat künftig nach seiner Pensionierung noch etwas mehr Zeit für sein langjähriges Hobby. Man trifft den Pilzesammler und -kontrolleur immer auch am Montagabend im Clublokal, ebenfalls an der Tunnelstrasse 29 in Grenchen, an. Jeweils um 20 Uhr sind die Türen für Interessierte offen. «Wer mehr wissen will über Pilze, ist jederzeit willkommen», versichert Franz Forster.

Rezepte für feine Pilzgerichte findet man im Archiv der Website des Vereins unter «Pilzlerblatt-Zeitung».

Weitere Infos: Verein Pilzkunde Grenchen und Umgebung www.pilzverein-grenchen.ch