«Wir sind froh, dass auch unser Team wieder arbeiten darf»

Der Traditionsgasthof Urs & Viktor in Bettlach gehört zu einem der vielen Gastronomiebetrieben in der Region und der ganzen Schweiz, die seit Ende Mai 2021 wieder «auf Sendung» sein dürfen. Während langen fünf Monaten wurde den Gastronomen und ihren Mitarbeitenden weitgehend die Lizenz zum Arbeiten entzogen. Ganz still war es im «Urs & Viktor» zum Glück nicht. Der Betrieb bot unter anderem Take away an und hielt auch den Hotelbetrieb so gut es ging aufrecht. Nach gut einer Woche «Volldampf» sehen die Gesichter der Familien Walker zufriedener aus als auch schon.

Kuno (links) und Alban Walker im grosszügig gestalteten Wintergarten des «Urs & Viktor». Sie freuen sich, dass sie endlich wieder richtig arbeiten dürfen.
Kuno (links) und Alban Walker im grosszügig gestalteten Wintergarten des «Urs & Viktor». Sie freuen sich, dass sie endlich wieder richtig arbeiten dürfen.

Oder doch nicht? Alban Walker, der Leiter der Küche im Traditionshaus «Urs & Viktor» macht zu Beginn eher ein ernstes Gesicht: «Wir hatten zum Glück in der Küche immer etwas zu tun, aber ‘gut und richtig laufen’ sieht anders aus», feixt er. Mit dem Take away-Angebot konnte auch der Lernende während des verordneten «Time out» ständig beschäftigt werden. Alban Walker erwähnt einen positiven Aspekt: «Er hat in dieser Zeit viel gelernt, auch weil wir natürlich noch mehr Zeit hatten für ihn.» Mit dem Angebot sei man richtig gelegen. «Wir haben täglich gut verkauft», lobt Walker. Für einen Grossbetrieb, den sie heute führen würden, reiche das aber längst nicht aus.

Hotelbetrieb fast stillgestanden

So tönt es auch aus dem Hotelbetrieb. Vor gut 20 Jahren erweiterten die drei Brüder Pius, Alban und Kuno Walker den Betrieb mit einem grosszügigen Hoteltrakt mit 74 Zimmern. Er dient einerseits dem gewöhnlich gut laufenden Seminarbetrieb und andererseits beherbergt das Haus regelmässig ausländische Gäste, die in den umliegenden Industriebetrieben tätig sind. «Das sind 50 Prozent unseres Umsatzes», sagt Kuno Walker. Und wiederum die Hälfte davon kämen gewöhnlich aus Deutschland. Die haben in den letzten fünf Monaten gefehlt. «Die durchschnittliche Auslastung betrug 10 Prozent.» Im Januar lancierte das Hotel zudem eine Aktion, die Einheimische dazu beflügeln sollte, im Hotel zu übernachten und so wieder einmal zu einem gemütlichen Nacht- und Morgenessen in einem Hotelbetrieb zu kommen. Das habe allerdings nicht so gut funktioniert.

Keine Lust (mehr) auf den Morgenkaffee

Ein bisschen Vorgeschmack auf die Zeiten der behördlich verordneten Öffnung der Gastrounternehmen gab es mit der Zulassung der Aussenbereiche. Die Gäste hätten wohl mitgespielt, nicht aber das Wetter. «An Muttertag herrschte bestes Wetter, und wir hatten Hochbetrieb», blickt Alban Walker zufrieden zurück. Überrascht ist er hingegen, dass Stammgäste, die vorher immer zu Kaffee und Gipfeli am Vormittag vorbeigeschaut hätten, heute weitgehend ausblieben. «Ganz offensichtlich hat sich ein neuer Automatismus eingespielt», vermutet Walker. Das gilt aber nicht für die Frequenz am Mittag und Abend. Fällt das Gespräch auf diese beiden wichtigen Zeiten für ein Restaurant, erhellen sich die Mienen der beiden Walker-Brüder Alban und Kuno. «Wir sind nach der ersten Woche sehr zufrieden». Das Take away-Angebot gerate schnell in Vergessenheit. Dabei bleibt dieses Angebot weiterhin bestehen.

Hoffen auf den «Normalzustand»

Besonders für das Servicepersonal sei der Wiedereinstieg nicht einfach gefallen. Sie waren faktisch während fünf Monaten zum Nichtstun verurteilt. Um die wenigen Hotelgäste im Restaurant kümmerten sich vor allem Kuno Walker und seine Gattin. Mit der Zeit, hoffen die Walkers, würden sie gerne den Betrieb wieder ganz hochfahren können und die 25 Mitarbeitenden voll beschäftigen. «Es ist für alle nicht einfach den Tritt in den normalen Alltag zu finden», sagt Kuno Walker.

Das ist auch eine Problematik dieser doch längeren Geschichte. Ganz zuerst musste das Familienunternehmen ständig ein waches Auge auf die Finanzen halten. Es sei nicht immer einfach, die Liquidität aufrecht zu erhalten, wenn beispielsweise versprochene Gelder von Seiten des Bundes und Kantons zögerlich eintreffen oder längere Zeit ausbleiben. Erwerbsersatzgelder für die Familienmitglieder flossen erst im Februar dieses Jahres. Auf die Härtefallgelder wartet der Betrieb noch. Bevor Geld fliesse, müsse der Jahresabschluss 2020 eingereicht sein. Der Abschluss eines Vorjahres für ein Unternehmen dieser Dimension erfordere gewöhnlich eine längere Zeitspanne. Im April konnte der Abschluss eingereicht werden. Er liegt aber immer noch auf dem Prüftisch. Wenig Freude bereiteten die zahlreichen Kontrollen der Behörden, wenn wieder eine neue Weisung auf dem Tisch gelegen habe. Kuno Walker beschwichtigt: «Wir hatten nie ein Problem. Aber es ist halt in einem solchen Moment schon sehr bemühend, wenn man sich auch noch mit solchen Dingen herumschlagen muss.» Und er dürfte da wohl stellvertretend für die vielen anderen Gastrobetriebe sprechen.

Die Familie hofft, dass der Normalzustand im Laufe der nächsten Wochen eintritt. Beim Seminarbetrieb gehen sie sogar davon aus, dass es bis zu einem Vollstart wohl Ende August/Anfang September wird. Sie wollen nicht hadern: «Wir sind froh, dass auch unser Team wieder arbeiten darf», spricht Kuno Walker wohl ebenso allen aus der Seele!