Der Wald hofft auf mehr Wasser

Die Bürgergemeinde Grenchen hat erneut zur traditionellen Waldbegehung eingeladen. Themen: Die Behandlung des Waldes, von Weiden und Waldrändern auf den Jurahöhen, die Welt der Waldameisen und die Naturverjüngung in Zeiten des Klimawandels. Was ganz klar fehlt: Wasser von oben.

Muss das sein? Revierförster Patrik Mosimann zeigt ein Warnschild, das mutwillig zerstört worden ist.
Muss das sein? Revierförster Patrik Mosimann zeigt ein Warnschild, das mutwillig zerstört worden ist.

«Das Jahr 2022 macht mir etwas Angst.» Diese Aussage von Förster Patrik Mosimann kommt nicht von ungefähr. Am Jurasüdfuss falle sowieso bekanntlich zu wenig Regen. «Nun haben wir nach einem nassen Jahr 2021 einen viel zu warmen Winter und Frühling erlebt. Der Niederschlag war zu gering. Die 12 Liter pro Quadratmeter im März waren ex­trem wenig, erst die rund 88 Liter im Juni haben die Lage etwas entschärft», sagt der Förster. Die Hoffnung auf mehr Wasser für den Wald bleibt, die Prognosen für die zweite Julihälfte deuten allerdings eher auf eine niederschlagsarme Phase hin. Patrik Mosimann kennt aber noch ganz andere Probleme. «Ich kann einige Punkte einfach nicht verstehen, obwohl wir seit Jahren darauf hinweisen. Es kann doch nicht sein, dass ich täglich Hunde beobachten kann, die ohne Leine durch den Wald streifen. Dazu kommen einige Biker, die sich nicht auf den markierten Wegen aufhalten, sondern quer durch den Wald fahren und viel Schaden anrichten.» Laut Mosimann gebe es weiterhin Littering zu beklagen und einige Gäste würden sich die Freiheit rausnehmen und mit ihren Fahrzeugen einfach über die Waldwege fahren.

Eine Chance für die Natur

Der Rundgang für die zahlreichen interessierten Waldbesucher führte dieses Jahr am Grenchenberg vom Wäsmeli über den Plattenbodenweg, den Jeansbodenweg bis zur Panzersperre und zurück. Dabei erklärte der Revierförster unter anderem, dass auch an den Waldrändern der Jurahöhen oft die letzten Orte sind, wo noch Eidechsen leben oder wo man Feldhasen beobachten kann. Das beträchtliche ökologische Potenzial von Waldrändern wisse man durch Pflegemassnahmen zusätzlich zu vergrössern. Dort wo Arten des «geschlossenen» Waldlebensraums auf die Arten des «offenen» Kulturlandes treffen, kann man wichtige Vernetzungsfunktionen dem Waldrand entlang sowie auch zwischen Wald- und Kulturland durch regelmässige Behandlung aufwerten. Wie sieht die Zukunft der Wälder und der Forstwirtschaft im Zusammenhang mit dem Klimawandel aus? Auch dieses Thema beschäftigte die Grenchner auf der Waldbegehung. Jedenfalls scheint klar, dass sich die natürliche Baumartenzusammensetzung unserer Waldökosysteme verändern wird, sollte der Wasserhaushalt durch den Klimawandel langfristig zurückgehen. Deshalb müsse man die Waldbestände stabilisieren und auch Schadflächen wieder aufforsten. Dabei ist das Ziel ein langfristiger Waldumbau hin zu robusten Mischwäldern.

Intakte Lebensgemeinschaft

Auf der Begehung zeigte Patrik Mosimann, dass auf dem Grenchenberg Waldameisen beheimatet sind. Am auffälligsten sind die Kolonien der Roten Waldameise und die Kerbameisen. Kolonien dieser beiden Arten umfassen zahlreiche, nahe beieinander liegende Nester. Waldameisen seien Zeugen einer intakten Lebensgemeinschaft im Wald. In einer Kolonie der Roten Waldameise können über 150 000 Ameisen friedlich nebeneinander leben. Auf der Forstseite stehen Massnahmen im Vordergrund, die sicherstellen, dass die Waldameisen optimale Bedingungen vorfinden. Sie benötigen in erster Linie ungestörte und besonnte Lebensräume. Es zeigt sich, dass sich Waldrandaufwertungen gut auf Waldameisenbauten auswirken können. Waldameisen spielen in unseren Wäldern eine wichtige Rolle. Sie bringen vielfältige Leistungen für das Ökosystem. Die unterirdische Nestbautätigkeit der Waldameisen führt zu einer physikalischen, chemischen und biologischen Verbesserung des Bodens. Die Erde wird von den emsigen Krabblern durchwühlt, durchmischt und mit Nährstoffen angereichert. Die für das Baumwachstum ungünstige Bodenversauerung wird vermindert, die Krümelstruktur lässt mehr Sauerstoff in den Boden gelangen, auch das Regenwasser versickert leichter. Dies führt dazu, dass die Feinwurzeln umliegender Bäume in Richtung der Ameisennester wachsen, um ihre Vitalität zu verbessern. Es gab also genügend inte­ressante Themen für die zahlreichen Waldbegeher zu diskutieren und zu besprechen. Am besten ging das zum Abschluss des Anlasses beim von der Bürgergemeinde offerierten Zvieri.