Der Weg zur sicheren Grenchenbergstrasse
Nächstes Jahr wird die Grenchenbergstrasse 100 Jahre alt. Gebaut wurde sie nach dem Ersten Weltkrieg zwischen 1921 und 1923. Dafür wurden vor allem Menschen eingesetzt, die damals nach dem Krieg ohne Arbeit waren. Die immer grösser werdenden Belastungen setzte der Strasse immer mehr zu. Vor drei Jahren musste sie schon einmal wegen grösserer Schäden temporär auf einem Abschnitt gesperrt werden. Gleiches hat sich vor kurzem wiederholt und erneut für Ärger bei den Berghöfen und Berggängern gesorgt.

Wir sitzen im Bürgerratssaal am Sitz der Bürgergemeinde in Grenchen. Bürgergemeindepräsident Eduard Sperisen und Verwalter Renato Müller blicken gemeinsam auf den ausgebreiteten Bauplan und zeigen auf die sechs noch nicht sanierten Abschnitte.
«Die Sanierungsabschnitte eins bis sieben beschränken sich auf den Strassenteil zwischen dem Einstieg in die Bergstrasse und dem Bettlerank», erklärt Renato Müller, der sich vor unserem Gespräch noch einen Überblick über den aktuellen Stand der Bauarbeiten beim Abschnitt eins machte. Und? «Die Arbeiten konnten plangemäss durchgeführt werden. Jetzt erfolgen noch die Ergänzung der Strassenkofferung, Verdichtung und Belagserneuerung, dann ist die Bergstrasse wieder ungehindert passierbar.» Über diesen Zwischenstand berichtete Müller am Dienstag vor einer Woche. Auf das kommende Wochenende sollte die Grenchenbergstrasse wieder ganztägig und uneingeschränkt offen beziehungsweise befahrbar sein. Auch bei den aktuellen Arbeiten dieser Woche bleibt die Bergstrasse im Baustellenbereich einspurig offen mit Einschränkung Fahrzeuggewicht bis 3,5 Tonnen, Fahrzeugbreite bis 2.70 Meter.
Sanierung ist zwingend notwendig
Der unbedarfte Bürger fragt sich nun, warum werden die sechs anderen Abschnitte nicht auch gleich saniert? «Wir haben im Jahr 2020 ein ausführliches Gutachten über den Zustand der Stützmauern an der Bergstrasse erstellen lassen. Das Resultat des Gutachtens: Eine Sanierung von sieben Abschnitten ist zwingend notwendig», erklärt Bürgergemeindepräsident Eduard Sperisen. Also wurde im Herbst ein entsprechendes Baugesuch beim Kanton eingereicht und am 4. November 2021 im «Grenchner Stadt-Anzeiger» publiziert. Knapp ein Jahr später wartet man an der Kirchstrasse 43, am Sitz der Bürgergemeinde, noch immer auf die Baubewilligung. Der bevorstehende Einbruch des Stützmauerabschnitts eins (kritische Stelle ist auf fünf Meter beschränkt) erforderte sofortiges Handeln. Die Bürgergemeinde sanierte den Abschnitt im Notstandverfahren.
Vier Einsprachen verzögern Projekt
Die Verzögerung beim Bewilligungsverfahren ärgert die Verantwortlichen. Mit ein wichtiger Grund sind vier Baueinsprachen, die faktisch den geplanten Baubeginn diesen Frühling verhindert haben. Die Einsprecher monieren, dass wegen der geplanten Sanierungsmassnahmen die Grundwasserfassung im Bereich des weit unter der Strasse führenden Grenchenbergtunnels gefährdet sei. Zudem fordern die Einsprecher eine Fahrzeuggewichtsbeschränkung auf der ganzen Bergstrasse. «Eine solche würde die Waldbewirtschaftung arg einschränken und zudem die Existenz der Berghöfe gefährden», sagt Sperisen dazu. Der Grund der Einsprachen dürfte wohl eher in die Richtung zielen, den geplanten Bau des SWG-Windparks weiter zu verzögern oder gar zu verunmöglichen.
Wieder zurück auf Feld 1 …
«Die Bürgergemeinde hofft nun, dass die Baubewilligung trotz allem in naher Zukunft erteilt wird. Denn die weiteren Abschnitte zwei bis fünf wären im Grundsatz problemlos realisierbar», erklärt Verwalter Renato Müller. Knackpunkte indes sind der zweitletzte Abschnitt, der im Rahmen der Baugesuchsprüfung eine Ausnahmebewilligung erfordere, und der letzte Abschnitt, wo gemäss der Auffassung der Einsprecher wegen der offenbar interpretierten Wasserschutzzone im Berggelände auf Strassenniveau nicht gebaut bzw. saniert werden darf. Gleichzeitig wird aber in diesem Bereich die Umlegung der Bergstrasse gefordert. «Deshalb fallen wir ohne Baubewilligung wieder auf Feld 1 zurück», so Sperisen resigniert.
Kritische Stimmen lassen verlauten, die Bürgergemeinde verzögere die Sanierung, da die SWG für den Bau des Windparks sowie so die Strasse verstärken müsse. «Stimmt nicht», sagt der Bürgergemeindepräsident energisch. Die SWG müsse für den Transport der Turbinen- und Rotorteile unter anderem provisorische Verbreiterungen der Bergstrasse bauen und nach Bauende zurückbauen lassen. Weiter werde vor dem Start der Zustand der Strasse aufgenommen und nach dem Bau erneut überprüft. Die Bergstrasse müsse dann auf Kosten des SWG-Windenergieprojektes wieder instand gestellt werden – sofern das nötig sei.
Das Fazit der beiden Gesprächspartner ist klar: «Uns geht es darum, die restlichen Abschnitte so rasch wie möglich zu sanieren. Denn nur eine sichere Strasse bietet auch den nötigen Schutz für die Wasserversorgung.» Und damit wäre ja dann allen recht getan!