Die Vision für eine Markthalle flammt wieder auf
Früher gehörten Markthallen zum prägenden Stadtbild. Besonders in der Schweiz sind sie zusehends von der Bildfläche verschwunden – in Südfrankreich dagegen noch heute nicht wegzudenken. Eine Markthalle punktet nicht nur ästhetisch, sondern bietet Schutz vor schlechter Witterung und Gelegenheit zum Verweilen und Kommunizieren. Die Vision «Markthalle Grenchen» besteht nach wie vor – und nach gut einem Jahrzehnt flammt sie wieder neu auf.
Die Augen von Ruedi Spielmann, dem ehemaligen Präsidenten des Grenchner Gewerbeverbands (GVG), leuchten auf, wenn das Stichwort «Markthalle» fällt. Da kann er sogar wieder euphorisch und kämpferisch werden, wie zu seinen besten GVG-Zeiten. Wie würde er denn die Markthalle heute sehen? «Genau gleich wie ich sie vor zehn oder zwölf Jahren schon aufgezeichnet habe», ist seine Antwort.
Klein und fein
Sein Bild von einer Markthalle in Grenchen sieht konkret so aus: Eine kleine Halle mit Flachdach, gleich unterhalb der Baumallee nördlich des Marktplatzes. Das Gebäude bietet zehn Ständen Platz. Unter einer seitlich herausragenden Dachkonstruktion sind ständige Anbieter (z.B. Marronistand) besser vor Wind und Wetter geschützt. «Die Halle wäre natürlich auch für jegliche andere Aktivitäten nutzbar und geradezu ein idealer Standort, weil dann auch die sanitären und elektrischen Installationen an einem zentralen Standort verfügbar sind». Ausserdem wurde beim damaligen Projekt eine seitliche Begrünung vorgeschlagen sowie ein Bistro, das zum Verweilen und Kommunizieren einladen würde. Ausserdem hätte man im Sommer bei schönem Wetter die Südseite der Halle öffnen können. Dass nun die Diskussionen über eine Markthalle neu aufgenommen wurden, freut Ruedi Spielmann.
Bern: ein schlechtes Beispiel
Was spricht gegen ein solches Projekt? Zum Beispiel die Markthalle in Bern, die mangels eingemieteten Geschäften schliessen musste. «Das ist kein gutes Beispiel», sagt Spielmann. Das Projekt in Bern sei mehrgeschossig gewesen, und der Zugang zum Teil erschwert. Er kenne viele gute Beispiele von Markthallen im Ausland. «Es gibt aber keine, die mehrgeschossig ist. Eine Markthalle muss ebenerdig sein». In Städten mit historischem Hintergrund gibt es auch aktuelle Beispiele von Umnutzungen. Etwa die Schrannenhalle in München, gleich gegenüber vom berühmten Viktualienmarkt. Die Schrannenhalle ist eine Mischung zwischen Markt und kulinarischen Angeboten. Grenchen hat im Zentrum kein Gebäude, das entsprechend umgenutzt werden könnte. Ganz theoretisch gesehen. Grenchen hat aber einen Marktplatz, auf dem nur gerade am Freitagsmarkt oder bei einem Event etwas Leben aufkommt.
Visionen umsetzen
Im November 2010 sprach die damalige GVG-Präsidentin Brigitte Gürber (†2011) an ihrer ersten Herbstversammlung klare Worte: «Es zeichnet sich eine Katastrophe ab. Bei uns in der Innenstadt stehen die Uhrzeiger fünf Minuten vor zwölf, und rascher als uns lieb ist, zeigen diese Zeiger fünf Minuten nach zwölf», wird sie im Grenchner Tagblatt zitiert. Sie monierte vor allem das unaufhaltsame Lädelisterben im Zentrum. Visionen alleine würden nicht ausreichen, man müsse sie auch umsetzen. Visionen suchte das Grenchner Tagblatt mit einem Leserwettbewerb mit dem Titel: «Mi Marktplatz». Rund 80 Vorschläge sind eingegangen und wurden von einer Jury bewertet. Das sind auch schon wieder vier Jahre her. Unter den Vorschlägen waren viele gute und zum Teil auch realisierbare Ideen. Niemand schlug dabei eine Markthalle vor. Bei der Diskussion um eine Markthalle, welche von der Stadt gebaut und zur Verfügung gestellt würde, seien als Gegenargument bauliche Vorschriften, die einem Vorhaben widerstreben würden, ins Feld geführt worden, erinnert sich Ruedi Spielmann. Der damalige Stadtbaumeister Claude Barbey habe zu den Befürwortern gehört. Barbey schwärmt wie Spielmann von den Markthallen, die sie auf Reisen in Südfrankreich immer wieder antreffen.
Wegen der städtebaulichen Bedenken habe man dann die Markthalle schubladisiert. «Ich hatte aber zugleich vom damaligen Geschäftsleiter der Soba Bâloise Bank in Grenchen positive Signale, dass die SoBa bereit gewesen wäre, ihren Parkplatz für den Bau einer Markthalle zur Verfügung zu stellen.
Ruedi Spielmann hofft nun, dass Standortmarketing, politische Kräfte und die Behörden die Diskussionen um eine Markthalle aufrecht erhalten. «Wir sind es der Bevölkerung und vor allem auch dem Gewerbe schuldig.»