Eine ganz schön lange Tiergeschichte

Auf den ersten Blick ist das ein Eldorado für Hunde und Katzen: Trocken-, Nassnahrung, Flocken, Kauartikel, Leckerli, Futterzusätze und eine ganze Menge Spielsachen für Hund Waldi oder Katze Luna. Auf den zweiten Blick? Es hat noch das eine und andere mehr. Wir sind im Hunde- und Katzenshop Stutz in Lengnau. Das Eldorado hat Bestand – seit 40 Jahren – und steht erfolgreich im Wettbewerb mit den «Grossen».

Silvia Stutz (rechts) führt seit 40 Jahren den Hunde- und Katzenshop Stutz in Lengnau. Dabei hat sie zwei treue Begleiterinnen: Barbara Berger und Cocker­spaniel Venus. Foto: Joseph Weibel
Silvia Stutz (rechts) führt seit 40 Jahren den Hunde- und Katzenshop Stutz in Lengnau. Dabei hat sie zwei treue Begleiterinnen: Barbara Berger und Cocker­spaniel Venus. Foto: Joseph Weibel

Wenn Barbara Berger sich zur Kaffeemaschine begibt, dann steht wie von Zauberhand Cockerspaniel Venus vor ihr und wedelt freudig mit dem Schwanz. Die Hündin weiss: Es gibt ein Leckerli. Welcher Tierbesitzer kennt diese und andere Szenen nicht. Silvia Stutz schmunzelt: «Bei mir funktioniert der Trick nicht. Wenn ich einen Kaffee zubereite, macht Venus keinen Wank.» Das ist eine von vielen Geschichten, die Silvia Stutz erzählt. Ihr Fundus ist eingebettet in 40 Jahre Erfahrung. 1983 hat sie den Hunde- und Katzenshop Stutz eröffnet. Zu einer Zeit, als es in Biel Zoo Meier und in Solothurn Zoo Wels gab. Sonst nichts. Kein «Fressnapf», kein «Qualipet». Im Grossverteiler gab es auch noch kein Tierfutter zu kaufen. 40 Jahre später steht die fröhliche Frau aus Lengnau im Wettbewerb mit diesen «Players». Sie habe eine sehr treue Kundschaft, sagt sie. Mit ihr hat sie vor gut zwei Wochen das grosse Jubiläum gefeiert.

Mit den Vierbeinern gross geworden

Venus’ Leckerli-Lieferantin Barbara Berger führt seit mehr als 20 Jahren den Laden in Lengnau. Es gibt wahrscheinlich kaum eine Frage, die sie insbesondere über Hunde nicht beantworten kann. Sie ist aktiv im Hundesport. Sie war unter anderem 2014 Teamweltmeisterin in Obedience. Ausserdem erzieht sie belgische Schäfer Malinois, die dann in der Armee Dienst leisten. Fundiertes Wissen über Tiere, im Besonderen über Hunde und Katzen, hat natürlich auch die Chefin. Sie ist mit den Vierbeinern gross geworden, wenn auch nicht gleich von Kindsbeinen an. Mit ihrem Mann führte sie 16 Jahre einen Taxibetrieb in Grenchen. Als sie den ehemaligen Bauernhof an der Zollgasse in Lengnau übernehmen konnten, war das der Startschuss für sie in eine ganz andere Arbeitswelt, aber es war noch nicht klar, in welcher Form sie sich künftig in der Tierwelt bewegen sollte. Jedenfalls machte sie eine Ausbildung zur Hundecoiffeuse. Parallel dazu eröffnete sie 1983 den Hunde- und Katzenshop und führte den erlernten Beruf noch eine Zeit lang aus. Sie lernte schnell. Nicht nur ihr Handwerk. Der Shop lief gut an und immer besser. Als die Familie Stutz dann noch für einige wenige Jahre eine Tierpension für Hunde und Katzen eröffnete, war sie endgültig in ihrer (neuen) Tierwelt angekommen.

Eine Frohnatur

Irgendwie muss man die Vierbeiner schon sehr gut mögen. «Muss man», lacht Silvia Stutz. «Und es tut auch gar nicht weh.» Die fröhliche Frau aus Lengnau ist nie um Scherze verlegen. Man spürt, sie lebt mittendrin in ihrem grossen Shop, der in seinem Ursprung als Kuhstall diente. Zeitweise hätten sie neun bis zehn Hunde im Haus gehabt. Darunter waren auch Waisen, zugelaufene Hunde. «Oder dann kam mein Mann nach Hause und sagte: Du, da streunert seit Tagen ein Hund beim Taxistand am Südbahnhof herum. Ich glaube, ich nehme den mit nach Hause.» Sie erzählt weiter – von der Perserkatze, die wahrscheinlich in einen Transportwagen versehentlich eingestiegen war und dann bis nach Lengnau zum ehemaligen Denner im Dorf mittransportiert wurde, ausstieg und im Verkaufsgeschäft ihr neues Heim fand – mitten in der Waschmittelauslage. Silvia Stutz nahm das Tier nach Hause, nannte es «Hösi» und war die neue Katzenmutter. Für Silvia Stutz war die Ausübung ihres Metiers auch ein Learning by doing. Sie war aktiv in mehreren Hundeklubs und züchtete selbst Tiere.

«Wissen Sie, unsere Kunden haben das Bedürfnis, über ihre Tiere und den damit verbundenen Freuden und Sorgen zu sprechen. Und wir haben immer Lust zuzuhören.» Das macht den grossen Unterschied aus zum eher anonymen grossen Tierhaus. Es gibt Stammkunden, die regelmässig von weit herkommen.

Hunde mögen auch Bretzeln mit Rindgeschmack

Im verwinkelten Ladenlokal – eine Treppe tiefer geht es noch zum Tiefkühlbereich – werden die verschiedenen Produkte fein säuberlich in der Auslage präsentiert. An einer Wand hängen Hundeleinen und Halsbänder in individuellen Farben und Formen. Diese Leinen und Halsbänder werden inhouse produziert, und auf Wunsch wird auch der Namen eingestickt. Bei der Theke gibt es sogar Kaubretzeln. Mein fragender Blick reicht, um Frau Stutz für ein nächstes Witzchen zu animieren: «Die sind noch vom letzten Oktoberfest», feixt sie. Kein Witz. Hunde mögen allerlei Kauzeug und Schleckereien. Trockennahrung ist zum Hauptnahrungsmittel geworden, beim Hund und bei der Katze. Frischfleisch sei wieder mehr im Trend und wird tiefgefroren ins Geschäft angeliefert. Die Palette mit Nahrungsmitteln wird immer grösser. «Man muss sich von Beginn an bewusst sein: will man, dass der Hund oder die Katze im gemeinsamen Bett schläft, vom Tisch isst oder um Leckerli bettelt?» Wie sich später das Tier verhalte, entscheide sich, wie man das Tier aufziehe, deshalb besuchen heute viele Hundebesitzer eine Hundeschule, um ihrer Fellnase eine gute Erziehung zu geben. Ein Tier kann viel Freude bereiten und ist für alleinstehende Personen oft der Lebensmittelpunkt. Trotzdem muss sich der vierbeinige Freund in der Natur bewegen können.

Ein Rückblick auf die 40 Jahre? Silvia Stutz ist eine Frau, die nach vorne blickt. Sie hat vor 13 Jahren ihren Mann verloren und steht seither ganz auf eigenen Füssen. Und ans Aufhören denkt sie nicht. Ihre Hündin Venus ist zehn Jahre alt. Sie hofft, mit ihr noch einige gemeinsame Jahre verbringen zu können. Und wir freuen uns auf weitere schöne Tiergeschichten von Silvia Stutz.