Gemüse, das noch im Boden wächst

Der französische Begriff «Hors-sol» bedeutet so viel wie «ausserhalb des Bodens» – und meint damit, dass Gemüse- und Obstkulturen nicht in der Erde unter dem Einfluss von Sonne und Regen wachsen, sondern in einem geschlossenen Gewächshaus auf Steinwolle, Kokosfasern oder Schaumstoff. Wer zum Beispiel im Grossverteiler genau hinschaut, stellt schnell fest, dass immer mehr Schweizer Erdbeeren, Tomaten oder Gurken aus dem Hors-sol-Anbau stammen.

Hier wächst schon das Herbst- und Wintergemüse in Staad. Fotos: Joseph Weibel

Hier wächst schon das Herbst- und Wintergemüse in Staad. Fotos: Joseph Weibel

Krimi-Action pur – und der Zuschauende ist mittendrin. Das ist Dinner-Krimi. Am 15. September 2022 gastiert das Ensemble von Peter Denlo im Grenchner Parktheater. Bild: Denlo Production GmbH

Krimi-Action pur – und der Zuschauende ist mittendrin. Das ist Dinner-Krimi. Am 15. September 2022 gastiert das Ensemble von Peter Denlo im Grenchner Parktheater. Bild: Denlo Production GmbH

Welch ein Anblick: Der Staader Landwirt Daniel Stauffer vor einem langen Beet mit Sommersalaten und anderen Köstlichkeiten, die aus der Erde wachsen.

Welch ein Anblick: Der Staader Landwirt Daniel Stauffer vor einem langen Beet mit Sommersalaten und anderen Köstlichkeiten, die aus der Erde wachsen.

Auch bei den Staader Landwirtschaftsbetrieben Gloor und Stauffer kennt man den Begriff – Gemüse und Früchte wachsen unter und über der Erde. Daniel Stauffer zeigt auf die grossen Felder entlang der Aare. Die langen Beete mit den Sommersalaten sind ein Bild für sich; ein paar Meter weiter wächst bereits das Lagergemüse, das im Herbst geerntet wird. Jetzt ist unter anderem die Zeit der Gurken, Zucchetti, Tomaten und Bohnen. Die Tomaten wachsen bei idealen Witterungsbedingungen im Juni und Juli und werden geerntet, sobald sie ihre tiefrote Farbe erreicht haben.

Ein eher teures Wachsen

Tomaten sind – wie viele andere Gemüse-, Salat- und Obstsorten – das ganze Jahr über im Angebot der Grossverteiler. Die Ware wird entweder importiert oder wächst in bodenunabhängiger Produktion im Hors-sol-Anbau. Laut einem Bericht im Magazin «saldo» vom 16. Februar 2019 stammen bei Migros und Coop 95 Prozent der Tomaten und 60 Prozent der Gurken aus dieser Produktion. Bei Denner und Volg waren es zum Zeitpunkt des Berichts 80 Prozent. Die Vorteile sind unbestritten: Hors-sol ist bodenunabhängig (theoretisch auch in der Wüste einsetzbar); effizientere Klimanutzung (Wurzeln können von unten erwärmt werden); geringerer Wasserverbrauch. Das grosse «Aber»: Neben hohen Investitionskosten verbraucht Hors-sol viel Energie, vor allem in der kalten Jahreszeit. Dazu trägt auch die komplexe technische Ausrüstung bei. Zudem gibt es keine ausreichenden Studien zu Geschmacks- und Vitaminunterschieden. Der WWF Schweiz schreibt zum Beispiel: «Freilandgemüse enthält vor allem Sonnenenergie. Sie belasten deshalb das Klima im Durchschnitt neunmal weniger als Treibhaus- oder Hors-sol-Produkte.» Hors-sol-Produkte sind nicht deklarationspflichtig.

Früchte und Gemüse, die im Boden wachsen

Für den Staader Landwirt Daniel Stauffer spricht insgesamt vieles für den Bodenanbau – auch wenn die Abhängigkeit von Wetter, Klima und Boden viel grösser ist. «Hors-sol-Anbau war für uns nie ein Thema», sagt Stauffer. Zudem könne man nicht einfach ein grosses Gewächshaus in die Landschaft stellen. Dafür brauche es eine Bewilligung. Hinzu kommen die hohen Investitionskosten und ein Klumpenrisiko, wenn man sich beispielsweise auf den Anbau von Tomaten spezialisiert. Dieses Klumpenrisiko vermeidet Landwirt Stauffer, indem er ganzjährig Gemüse und Früchte anbaut. Als zweites Standbein betreibt er einen vielfältigen Ackerbau mit Getreide, Zuckerrüben, Mais, Sonnenblumen und Raps. Das saisonale Gemüse- und Früchteangebot verkaufen Stauffers auf dem Markt in Grenchen und samstags auf dem Hof (8 bis 11 Uhr). Der Samstag hat den ursprünglichen Dienstagsmarkt abgelöst und ist auch eine Folge der Coronakrise.

Zufrieden mit den Wetterbedingungen

Doch alle Sorgfalt und Pflege nützt nichts, wenn das Wetter nicht mitspielt. Längere Regenperioden verlangsamen das Wachstum und fördern Schädlinge, die den Kulturen schaden können. Tomaten zum Beispiel reifen nur, wenn sie im Juni und Juli genügend Sonne abbekommen. Die letzten Hitzeperioden haben das Wachstum beschleunigt. Stauffer ist mit den bisherigen klimatischen Bedingungen sehr zufrieden. Nur März und April hätten bisher nicht so mitgespielt. Das Risiko von Sturm, Hagel und Starkregen ist im Freilandanbau immer gegeben. Aber das Wetter war bisher viel besser als vor zwei Jahren. Jetzt hofft er auf einen guten Herbst.

Über Geschmack lässt sich streiten

Über den Geschmack von Gemüse und Früchten aus konventionellem und Hors-sol-Anbau lässt sich streiten. Was sagt Daniel Stauffer dazu? Er lächelt: «Geschmack ist Geschmackssache! Man kann davon ausgehen, dass eine Tomate, die an der Sonne reift, intensiver schmeckt als eine Gewächshaustomate, die auf Speichersubstraten wächst. Unbestrittener Vorteil ist, dass so praktisch jedes Gemüse, jede Frucht das ganze Jahr über Saison hat. «Leider geht dadurch das Gefühl für die Saison immer mehr verloren.» Stolz ist Stauffer auf die Ernte der Frühkartoffeln. «Die verkaufen wir am Markt immer sehr gut.»

Inzwischen konnten auch die ersten Früchte (Äpfel, Zwetschgen, Beeren) von den insgesamt 200 Obstbäumen geerntet werden. Auch sie wachsen in der Natur. Natürlich gibt es auch Überschuss. Der wird nicht einfach weggeworfen, sondern am Montag an die «Restessbar» in Grenchen geliefert. Auf dem Hof der Stauffers arbeiten vor allem die Eltern mit und Aushilfen, die jeweils auf dem Markt verkaufen. Dazu gehört auch die Partnerin von Daniel Stauffer. Und auch wenn der Bodenanbau mit dem einen oder anderen Risiko verbunden ist, gibt es für Daniel Stauffer keine Alternative. «Wir verlegen die Kulturen jedes Jahr an einen anderen Standort und beugen so Schädlingsbefall vor. Die Natur schenkt uns viel Gutes und Wertvolles für den Anbau, das macht die Nachteile immer wieder wett.»

> Die Saisongemüse > Die Saisongemüse

Im Bodenanbau werden bei Staufferin Staad unter anderem folgende Gemüse kultiviert. Im Frühling: Frühkartoffeln, frische Blattsalate, Broccoli, Blumenkohl, grüner Spargel, etwas später Kefen und Erbsen. Sommer: Gurken, Zucchetti, Tomaten, Bohnen. Herbst: Lagergemüse wie Blau- und Weisskabis, Rosenkohl, Lauch, Sellerie, Randen, Nüsslersalat. Ein kleines Sortiment an Gemüse(z. B. Peperoni) kauft Stauffer dazu.

> Hors-Sol-Anbau > Hors-Sol-Anbau

Beim bodenfreien Anbau werden die Pflanzen in beheizbaren Gewächshäusern in wasserspeichernden Substraten wie Steinwolle, Kokosfasern oder Schaumstoff gesetzt. Durch Tröpfchenbewässerung erhalten sie Nährstoffe und Wasser nach Bedarf. Die exakte Dosierung der Nährstoffe wird per Computer gesteuert. Im Bio-Landbau in der Schweiz ist Hors-sol verboten. Ein grosser Nachteil der Hors-sol-Anbau­methode ist, dass sie viel mehr Energie verbraucht als der herkömmliche Anbau und entsprechend teuer ist.

Quelle: www.umweltnetz-schweiz.ch