Graffiti sind längst salonfähig geworden
Ist es Kunst, ist es Schmiererei, ist es Protest gegen die Avantgarde? Seit Graffiti vor 46 Jahren offiziell in der Schweiz Einzug hielten, beschäftigt uns das Thema. Inzwischen sind Graffiti definitiv im Olymp der Kunst angekommen. In Grenchen heisst es übermorgen Samstag zum zweiten Mal: Willkommen zum G-Town Graffiti Festival.

Der Zürcher Harald Naegeli war in den Siebzigerjahren einer der ersten Europäer, der Graffiti an die Wände von Grossstädten malte. Er wurde verfolgt, verurteilt und ins Gefängnis gesteckt. Zwei Jahre lang brachte er nachts mit seinen Sprayereien Farbe auf die tristen Wände. «Es war ein Protest gegen die Unwirtlichkeit der Städte, der Architektur», sagte Harald Naegeli 2013 in einem Interview mit dem «Spiegel». Er hat – nicht nur in der Schweiz – die Graffiti-Szene in Bewegung gebracht. Auf der einen Seite gibt es nach wie vor gedankenlose Schmierereien, vor allem an Hauswänden, in öffentlichen Verkehrsmitteln und an anderen Orten, auf der anderen Seite sind Graffiti hohe Kunst.
Ein gutes Beispiel dafür ist das 100 Meter lange Graffito des Churer Künstlers Fabian «Bane» Florin, das er vor einem Jahr im Auftrag der Firma Breitling an der Wand der Fussgängerunterführung angebracht hat.
Das zweite G-Town Graffiti Festival von übermorgen Samstag bietet regionalen und nationalen Graffiti-Künstlerinnen und -Künstlern die Möglichkeit, ihre Kreativität an einer Wand ihrer Wahl auszuleben und einem breiten Publikum zu präsentieren. Dieses Jahr steht es unter dem Motto «Unter- und Überwasserwelt» oder in der Graffiti-Sprache ausgedrückt: «WellWellWell».
Organisiert wird der Anlass vom Verein «Aus Liebe zu meiner Stadt» in Zusammenarbeit mit der Stadt Grenchen. Offizieller Partner ist die Firma Breitling. Finanzielle Unterstützung erhalten die Organisatoren zudem von der Kulturförderung Däster Schild Stiftung, Migros Kulturprozent und SOkultur Swisslos, den Sponsoren E. Rihs und Wadsack sowie weiteren Gönnern.
Am Samstag (10 bis 22 Uhr) sind 14 eingeladene Künstlerinnen und Künstler am Werk. Sie bemalen die 96 Meter lange Wand an der Schmelzistrasse auf einer Fläche von rund 170 Quadratmetern. Als Bindeglied zwischen der Graffiti-Szene und der Stadt fungiert Kantons- und Gemeinderat Matthias Meier-Moreno, künstlerischer Leiter ist der Bieler Graffiti-Künstler Renb1 (Rafael Wingeyer).