Von der Wiege bis zur Bahre – nicht nur Formulare
«Von der Wiege bis zur Bahre schreibt der Mensch Formulare». Dieses Sprichwort hat seine Berechtigung. Nur manchmal sind Formulare – auch zum Selbstschutz – unumgänglich. Wer eine Veranstaltung organisiert, muss einiges beachten und Regeln einhalten. Daniel Polling, Leiter des Polizeiinspektorats der Stadt Grenchen, weiss Bescheid.
Der «Leitfaden für die Organisation von Veranstaltungen» umfasst sieben Seiten – das Gesuch für eine Veranstaltungsbewilligung noch einmal vier Seiten. Viel Papier, sagen die einen; Daniel Polling, Leiter des Polizeiinspektorats Grenchen, sieht das anders: «Ich bin für pragmatische Lösungen und eine möglichst unkomplizierte Abwicklung dieser kurzen, aber intensiven Vorphase einer Veranstaltung.»
Das heisst? «Es gibt mehr Auflagen, weil es früher keine gab.» (Wir berichteten kurz am 2. November.) Die Stadtpolizei Grenchen war Kontrollorgan vor Ort, die Veranstaltungen wurden im Vorfeld durchgewinkt, weil die Kernpunkte einer Veranstaltung automatisch von der Stadtpolizei abgedeckt wurden. Solange alles gut geht, braucht es keinen Papiertiger. Die Kehrseite der Medaille sind mögliche Schwachstellen. Wer haftet bei einem Unfall, wenn zum Beispiel ein mangelhaftes Verkehrskonzept der Auslöser war? Bei grober Fahrlässigkeit kann eine Versicherung Regress nehmen. Bei grober Fahrlässigkeit droht auch dem Veranstalter Ungemach. Da füllt man lieber ein vierseitiges Formular aus.
Ein, zwei, drei Klicks
Aber der Reihe nach. Daniel Polling zeigt, wie man auf der neuen Website der Stadt Grenchen zum «Leitfaden für die Organisation von Veranstaltungen» gelangt. Auf der Startseite gibt man in der Suchmaske das Wort «Anlassbewilligung» ein, dann wählt man «Dokumente» mit den nötigen Formularen (Leitfaden, Sicherheit, Gesuchsformular). Der Leitfaden ist die Grundlage für alle Veranstaltungen. Auf Seite 2 ist aufgeführt, welche Veranstaltungen bzw. Aktivitäten bewilligungspflichtig sind. Es folgen unter anderem Hinweise zur Finanzplanung, zu sicherheits- und feuerpolizeilichen Vorschriften und Empfehlungen, Adressen und Telefonnummern für die Organisation. Wer sich die Zeit nimmt, kann auf dem Gesuch mit gutem Gewissen ankreuzen, dass er den Leitfaden gelesen hat.
Im Kanton Bern gang und gäbe
«Wir haben nichts Neues erfunden», sagt Daniel Polling, «wir setzen nur um, was vielerorts schon lange praktiziert wird.» Zum Beispiel im Kanton Bern, und davon kann der ehemalige Berner Polizist heute profitieren. Er weiss, dass zum Beispiel Mehrweggeschirr im Kanton Bern und an vielen anderen Orten bei Grossanlässen längst Pflicht ist – im Gegensatz zum Kanton Solothurn. An der Chürbisnacht wurden die Besucherinnen und Besucher erstmals damit konfrontiert. Getrunken wurde aus Mehrwegbechern. «Früher oder später kommt auch im Kanton Solothurn das Obligatorium. Die Stadt Grenchen wäre dann schon bereit.»
Nicht kompliziert
Stichwort «kompliziert»: Der Leiter des Polizeiinspektorats winkt ab und zeigt auf die beiden mehrseitigen Formulare. «Man muss sich höchstens die Zeit nehmen, das genau durchzulesen.» Und wer unsicher sei oder etwas nicht verstehe, dem stehe das Polizeiinspektorat jederzeit zur Verfügung. Das sei bei den Organisatoren der Chürbisnacht nicht anders gewesen. «Sie haben das Gespräch gesucht und wir haben Hand geboten.» Das Resultat ist bekannt: Das OK Chürbisnacht hat sehr gute Arbeit geleistet. «Und es muss das Rad nächstes Jahr nicht neu erfinden. Das Gesuch 2023 liegt vor und kann bis auf die nötigen Anpassungen eins zu eins wieder eingereicht werden.»
Gebühren – nicht unbedingt
Stichwort «Gebühren»: Wer ein Antragsformular für eine Veranstaltung ausfüllt, wird nicht automatisch zur Kasse gebeten. Ganz im Gegenteil. Theoretisch fallen zwar nicht unerhebliche Gebühren für Marktstände, Energiekosten, Transporte und so weiter an – und die müssten eigentlich alle von den Veranstaltern bezahlt werden. Die Stadt ist aber an möglichst vielfältigen Anlässen über das Jahr hinweg interessiert und kommt den Organisatoren in der Regel mit einem Gebührenerlass entgegen. Dies gilt aber in erster Linie für Anlässe ohne kommerziellen Hintergrund. Dieser Kostenerlass muss als Antrag gestellt werden. Über den Kostenerlass entscheidet der Stadtpräsident.
Und auch wenn für nicht kommerzielle Anlässe gemäss geltendem Gebührenreglement Kosten anfallen, so sind dies andere Tarife als für kommerzielle Anlässe.
Gesuch – Bewilligung: Nur noch digital
Die Digitalisierung macht auch vor solchen Formularen nicht halt. In naher Zukunft wird auf der neuen Website der Stadt (www.grenchen.ch) die Formulareingabe digital mit der zuständigen Behörde, dem Polizeiinspektorat, verlinkt. Das ausgefüllte Formular wird im Polizeiinspektorat bearbeitet und die Antwort auf die Anfrage erfolgt auf dem gleichen Weg. «Auch hier wollen wir so effizient wie möglich arbeiten», so Polling. Mit der Kantonspolizei werden die Ereignisse und die entsprechende Korrespondenz bereits heute in einem gemeinsamen Terminkalender geteilt. Wenn etwas passiert, ist die Kantonspolizei sofort auf dem gleichen Wissensstand.
Auch wenn Gesuchseingang und Bewilligung dank Digitalisierung zeitlich näher beieinander liegen, rät Daniel Polling dringend, sich spätestens sechs Wochen vor dem Anlass über die geplante Veranstaltung zu informieren. «Je früher, desto besser!»